Etwas Arroganz und viel Selbst-Ironie: Benjamin von Stuckrad-Barre trifft (das können Sie jetzt interpretieren, wie Sie wollen…) das spießige Bürgertum

Ich habe diese Woche kurze Zeit mit Benjamin von Stuckrad-Barre verbracht. Das war wunderbar. Eineinhalb Stunden waren wir zusammen und die Erinnerung daran lässt mich immer noch frohlocken. Wir waren jetzt nicht privat verabredet, nein, ich habe ihm einfach nur zugehört, als er in der kulturellen Hochburg des deutschen Großbürgertums, auf Schloss Elmau, für das erlesene Publikum performte.

Der bekannte Pop-Autor, ein Selbst-Darsteller vor dem Herrn, war mir vom ersten Moment an sehr sympathisch. Wer zu den Klängen von “Toxic“ von Anthony Willis und “Out oft he dark“ von Falco die Bühne betritt, das Publikum sozusagen mit der Gunst seines Lichts beglückt, dabei einen dunklen Anzug mit weißer Krawatte trägt und Lacoste-Turnschuhe, der weiß wie Mode funktioniert.

Und somit das Leben…

Sagte ich schon, dass ich ihn und sein Auftreten vom ersten Moment an mochte?

Das Victory-Zeichen mit der er seinen Ego-Auftritt einleitete sprach tiefenpsychologische Bände. Die beiden Therapeuten, die den Autor wegen seiner mittlerweile überstandenen Drogen- und Alkoholsucht begleiteten, zu einer Zeit, als er noch im Untergeschoss des Lebens wohnte, müssen ganze Arbeit geleistet haben. Der Mann scheint nach den tiefen Tälern, die es da wohl zu durchwandern galt, inzwischen mit sich selbst im Reinen zu sein. Und wenn nicht, dann versteckt er seine Probleme sehr gerne sarkastisch, manchmal durchaus auch mit einer gehörigen Portion Zynismus, auf jeden Fall aber super-ironisch verpackt.

Das trunkene Damals ist verschwunden. Der Mann trinkt mittlerweile Wasser und Ingwer-Tee.

Das Motto des Autors an diesem Abend, wahrscheinlich sogar grundsätzlich in seinem Leben lautet: „Ich scheiß mich nichts, pisse den Zuhörern an ihre bourgeoisen Beine und lasse mich dafür auch noch beklatschen“.

Herrlich…

Die fleischgewordene literarische Entgrenzung läuft ,,in unserem Elmau“, wie der spöttische Schriftsteller nicht müde wird zu betonen zur Höchstform auf. Während er aus seinen Werken ,,Nüchtern“ und ,,Panikherz“ liest, schweift von Stuckrad-Barre immer wieder ab und beglückt sich und das dankbare Publikum mit einem abwechslungsreichen Menü von sprachlich extravaganten Exkursen zu gesellschaftlich relevanten Themen wie der Anzahl der Bäder im Hause Affleck/Jennifer Lopez, der Nutzbarkeit von gestohlenen Hotel-Wäschesäcken und der Verursachung von Neidgefühlen im Bekannten-Kreis, wenn man Bilder vom Urlaub auf Schloss Elmau versendet. Die Sättigungs-Beilagen des Lebens scheinen dem Mann eben ganz besonders gut zu schmecken.

 Mit der ursprünglich geplanten Lesung aus seinem jüngsten Werk ,,Noch wach?“ wurde an dem Abend im Schloss Elmau jedenfalls nichts. Von Stuckrad-Barre hatte einfach nicht genug Zeit.

 Er musste lästern, erzählen, fabulieren…

Und das war gut so.

Richtig freundschaftlich verbunden fühlte ich mich dem Pop-Autoren von dem Moment an, als er während der Lesung plötzlich meiner bunten Socken ansichtig wurde und selbige ausgiebig zu lobte. Dass ich mich bei der Lesung in die erste Reihe gesetzt hatte, hatte sich spätestens jetzt bezahlt gemacht. Ich glaube die Lobpreisung meiner Kleidungsstücke war nicht nur so dahingesagt. Benjamin mochte meine orangefarbenen Kniestrümpfe wirklich.

Ist kein Wunder: Schließlich ist der Mann ja gut mit Udo Lindenberg befreundet und reist auch sehr gerne mit ihm durch die Gegend. Herrlich diesbezüglich die am Elmauer Abend zum Besten gegebene Episode, als Udo mit brennender Zigarre und irrwitzig rockigem Gehabe am Einreiseschalter von New York Einlass in die USA begehrte. Und mit seiner Attitüde auch noch erfolgreich war.

Lindenberg trägt übrigens selbst ständig grüne ,,Executive“ (für die Banausen unter Ihnen: so nennt man lange Herrenstrümpfe…).

Die Sache mit den farbigen Strümpfen kann einfach kein Zufall sein. Ich glaube die geschmackliche Verbindung könnte der Beginn einer intensiven Freundschaft zwischen mir und Benjamin werden.

Am Ende des Abends habe ich ihm meine Visitenkarte überreicht. Vielleicht ruft er mich mal an und sagt: „Hier spricht Benjamin von Stuckrad -Barre. Ich wollte nur mal fragen: Wo haben Sie nochmals ihre Strümpfe gekauft?“

Das wäre schön.

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Flötschman Comik Figur