„Mit Ferragosto wird in Italien der Tag bezeichnet, der auf den 15. August fällt. Die katholische Kirche begeht an diesem Datum den Feiertag Mariä Himmelfahrt. Er ist einer der wichtigsten kirchlichen und familiären Feiertage Italiens. Der 15. August gilt in Italien als der heißeste Tag des Sommers und kennzeichnet somit dessen Wendepunkt.“ (Wikipedia)
Punkt. Aus. So weit, so gut, so uninteressant…
Trotzdem habe ich mich Eingangs dieses Textes verpflichtet gefühlt den geneigten deutschsprachigen Leser sachlich zu informieren über ein nationales Ereignis, das es in der oder ähnlicher Form wohl europaweit in keinem anderen Land gibt. Indem ich einfach Sätze aus dem Wikipedia-Archiv kopiert habe.
Aber hier – und nur hier in diesem Blog – gibt es fernab von allen nüchtern gefärbten Darstellungen die Sommer – nackte Wahrheit.
Ferragosto im weiteren Sinn ist eigentlich schlicht und einfach die Zeit, in der ein Staat betriebstechnisch stillsteht, in der alle Bürger in den Urlaub fahren und sich dann hauptsächlich selbst feiern.
Es ist die Zeit der Staus, die Woche in der sich Massen von Italienern von Süden nach Norden (und umgekehrt) wälzen, um dann am Urlaubs-Ziel ihres Begehrens in der Gegend herumzustehen und Löcher in die -endlich frische-Luft zu starren, nachdem sie seit Beginn des Sommers die Zeit in ihren Stadt-Wohnungen vor ihren Klima-Anlagen verbringen mussten. Bis zur Nebenhöhlen-Eiterung und noch weit darüber hinaus.
Im Touristenland Südtirol ist Ferragosto die Woche rund um den mythischen 15. August in dem deutschen und italienischen Urlauber aufeinandertreffen und gegenseitig feststellen, dass es auch in einer globalisierten Welt noch gewaltige kulturelle Unterschiede zwischen den Menschen gibt.
Beispiele gefällig?
Va bene…
Es beginnt bei der Gestaltung des Urlaubstages. Der Italiener hat zunächst mal keinen Plan (den er übrigens auch im restlichen Tag nicht entwickeln wird…). Erst recht nicht vor den Genuss der landesüblichen Erbauungstrünke die sich Espresso oder Macchiato nennen. Zu dem Zeitpunkt hat der Deutsche -mit Wanderstöcken bewaffnet und in Funktions-Kleidung gehüllt -bereits einen 3000er erklommen. Ein Erlebnis, das dem Ferragosto-Urlauber auf ewig verwehrt bleiben wird. Er entfernt sich zu Fuß höchstens 200 m vom Hotel. Erkundungs-Touren werden nur im Auto unternommen. Und das von oben bis unten in Prada und Dolce Gabbana gekleidet.
Tutti bellissimi!
Getragen von den Wogen der Sinnlosigkeit fährt man kreuz und quer durchs Land, in der Hoffnung im Stau auf Gleichgesinnte zu treffen mit denen man ein ausgedehntes und lautstarkes Pläuschchen halten kann.
Meine Meinung dazu:
Sollte Langeweile der Acker sein auf dem die Fantasie zu blühen beginnt, dann besteht noch Hoffnung für die touristische Zukunft des Ferragosto-Urlaubers. Aber wirklich nur dann…
Grundsätzlich neigt der Ferragostianer stark zur Rudelbildung. Leicht erreichbare Touristen-Hot-Spots wie beispielsweise Bergseen die direkt neben der Staatsstraße liegen oder Aussichtspunkte mit Blick auf unglaublich weit entfernte Gipfel dienen zur Selfie-Selbst-Befriedigung und werden ausschließlich in riesiger Anzahl in den super-kurzen Angriff genommen.
Erinnert in ihrem Umfang irgendwie an die Heerscharen im römischen Reich unter Kaiser Augustus. Nur dass es zu der Zeit noch keinen Ferragosto gab.
Schön war man allerdings auch damals schon. Und natürlich gut gekleidet.
Der Ferragostianer ist in seiner Kontakt-Aufnahme mit der örtlichen Bevölkerung sehr offen und unglaublich lernbegierig. Jeder Eingangssatz eines potentiellen Gespräches das schnell im tiefen, tiefen (Nicht)- Wissens-Sumpf des Urlaubers bezüglich der lokalen Gegebenheiten zu versinken droht, beginnt mit einem interessierten ,,Senta“ (auf Deutsch. Hören Sie mal…). Im Normalfall sucht der so angesprochene Einheimische dann schon fluchtartig das Weite. Vor allem die mangelnde Information des Ferragostianers über die politische Beschaffenheit des Landes, in dem er gerade Urlaub macht (Österreich oder doch noch Italien????) und die kulinarische Besonderheit der eigenartigen Südtiroler Küche sorgen immer wieder für Irritationen.
Der Ferragostianer unternimmt aber auch gerne wissenschaftliche Studien im Rahmen derer er sich mit dem Tiroler Akzent der Einheimischen in der auf diese Weise entehrten italienischen Sprache beschäftigt. Entsprechende Nachfragen sorgen bei den Südtirolern für wahre Freuden-Taumel.
Das Schöne an Ferragosto ist es, dass es in puncto Urlaubs-Verhalten und Gestaltung kaum Abweichungen von einem Jahr auf das andere gibt.
Und jährlich grüßt das italienische Murmeltier.
Also dann. Bis bald! Wir freuen uns schon auf das Wiedersehen!