Ganz Südtirol ist vom Corona-Virus besetzt. Ganz Südtirol? Nein, Gott sei Dank, Nein! An einigen wenigen Plätzen bietet man dem Virus endlich wieder die psychologisch wichtige Stirn. Viel zu lange haben wir auf Vergnügungen, Lustbarkeiten und richtig vernünftige Unterhaltung verzichten müssen. Keine Einkehr in pulsierenden Bar und Kneipen, kein hochkarätiger Restaurant-Besuch , kein Abfeiern in dunklen Diskotheken oder coolen, leicht verruchten Kaschemmen.
Kurzum: Wenig Leben, kaum fun…
Irgendwie Kacke…
Doch die dunklen Wolken am Horizont haben sich zuletzt ein ganz klein wenig gelichtet. Nach Wochen der gastronomischen Tristesse zeigen jetzt -kurz vor Weihnachten-wenigstens ein paar aufrechte Hotel-Eigentümer Flagge. Es braucht wieder positive Signale (und offensichtlich auch etwas Kohle…), also haben einige (wenige) Südtiroler Wellnesstempel ihre Speisesäle, Saunen und Schwimmbäder geöffnet, um wieder Licht in das Corona-Dunkel zu bringen. Es ist endlich wieder etwas mehr erlaubt in dieser Zeit der Virus-Knechtschaft! ,, Also dann, nicht gezögert“, dachte sich so manch einer. Lasst uns wieder etwas (er-)leben! Wellnessen gegen die Pandemie! Ein Statement abgeben wider das deprimierende vor Sich hin Vegetieren! Der Mensch braucht einfach Geselligkeit, sonst geht er zugrunde.
Dieser Meinung schloss ich mich gerne an und buchte gleich am Eröffnungs-Wochenende einer heimischen 5-Sterne-Herberge eine Suite für mein holdes Weib, mich und das kleine Töchterlein.
Schon die Reise durch die verschneite Landschaft Südtirols verschaffte mir den ersten richtig intensiven Heimat-Kick. Land der Berge, Land der Wälder, Land der Flüsse, wie sehr liebe ich dich…Vertraut volkstümliche Signale erreichten mich dann auch beim Check-In im Luxus-Resort. Gefühlt stand halb Südtirol in der Schlange an der Rezeption. Man vernahm Dialekte aus sämtlichen Landesteilen. Alle plapperten, schnatterten und plauderten voller Urlaubs-Vorfreude vor sich hin. Seit Andreas Hofers Volks-Helden-Zeiten hatte man nicht mehr so viel Bedürfnis nach Freiheit gefühlt! Statt wie damals in den Fängen von Bajuwaren und Franzosen hatte man sich zuletzt im Würgegriff des Virus befunden.
Und jetzt dementsprechend die Schnauze voll…
Manch einer freute sich sogar seinen Nachbarn im Ferien-Domizil wiederzufinden.
Manch einer auch nicht.
Aber egal, man war wieder unter Menschen!
Mein Südtiroler Herz schlug in der Folge noch höher, als ich das durch und durch holzgetäfelte Zimmer bezog. In der Fichte liegt die Würze dachte ich mir, nahm einen tiefen Luftzug, der meine Lungen mit Waldaroma erfüllte und schlüpfte sofort in den flauschigen Bademantel.
Minuten später befand ich mich schon in der Wellness-Landschaft. Wiederum gemeinsam mit halb Südtirol! Die Nacktheit der groß teils doch Lockdown-geschädigten Körper sorgte bei manch einem für angenehme Vertrautheit. Die weiß-roten Haut-Töne vieler Sauna-Besucher griffen außerdem die Farben der Tiroler Landesflagge auf und sorgten auch deshalb für ein äußerst wertvolles Heimat-Gefühl.
Wer anonym bleiben wollte zog den Mundschutz bis unter den Haaransatz hoch und hoffte, dass die Nachbarn einen nicht am Wohlstands-Bauch, der Körper-Behaarung oder den abstehenden Ohren erkannten.
Zum Aperitif und zum Dinner wusste die Südtiroler Bevölkerung später dann mit modischen winterlichen Neuerungen zu gefallen, die in den vergangenen Wochen ein Schatten-Dasein in den Niederungen des unbenutzten Kleiderschranks gefristet hatten. Jetzt wieder bekleidet gab es ein großes Hallo an der Bar und im Speisesaal.
Man war unter sich.
Wie heißt es so schön in unserer Landeshymne: ,,Tirol is lei oans, a Landl a kloans, is a schians , is a feins, und dös Landl is meins“ ( Tirol ist eins, ein Land ein kleines, ist schön, ist fein und das Land ist meines…).
Dem gilt es nichts mehr hinzuzufügen.