Am Wochenende bin ich getestet worden. Auf Corona natürlich. Selbstverständlich negativ (kein Wunder nachdem ich seit zwei Wochen vor dem Fernseher sitze.) Super – Spreader sehen eben anders aus (nicht so gesund und nicht so gut…). Den Test habe ich gemeinsam mit 361780 anderen Südtirolern absolviert. Somit waren fast 70 % der Südtiroler beim Test dabei. Der Großteil vom Rest ist schon vorher getestet worden und befindet in Quarantäne. Positiv waren nur 3615 Personen (1%). Ein Ergebnis, das sich wahrlich sehen lassen kann.
So lautet also das offizielle Ergebnis der beeindruckenden Aktion mit freiwilligen Antigen-Schnelltests an der gesamten Bevölkerung, die europaweit ihresgleichen sucht. Außer uns Südtiroler hat das keiner auf die Reihe gekriegt. Ok, die Slowaken waren vor uns dran, aber die haben auch einen guten Grund. Die wollen alle wieder während der Wintersaison in Südtirol arbeiten. Und da muss man schon mit gutem Beispiel vorangehen. Schneller negativ sein als seine Chefs ist in Zeiten wie diesen schon ein wichtiges Einstellungskriterium. Ja, ich gebe zu auch die Luxemburger waren fix unterwegs, aber das war im Mai und da wollte nach wochenlangem Lockdown schon keiner mehr was von Corona hören. Ist dementsprechend ein bisschen untergegangen die Aktion. Vor allem fährt da eh keiner auf Urlaub hin. Und das ist doch schließlich das entscheidendes Kriterium. Auch Andorra und Gibraltar wollten schon im Frühjahr wissen was (Corona)-Sache ist. Aber auch da gilt: Wen interessiert das? Wenn man von Andorra hört denkt man an das gleichnamige Theaterstück von Max Frisch (zumindest die Gebildeten unter uns, also meine Blog-Leser) und das Wichtigste an Gibraltar ist ein Kalksteinfelsen, der sich bezeichnenderweise ,,The Rock“ nennt. Noch Fragen?
Die Tests in Südtirols also um in die Heimat zurückzukommen hätten unter anderen Umständen fast wie ein riesiges Volksfest wirken können. Menschenschlangen ohne Ende mit zum großen Teil sehr zuversichtlichen Bürgern. Es fehlten nur die Kastelruther Spatzen, um Südtirol komplett zum ,,Atlantis der Berge“ werden zu lassen. ,,Leben und leben lassen“ dachte man sich, immer in Anlehnung eines weiteren Songtitels der Spatzen, schließlich ,,Scheint die Sonne für alle“ und damit das weiterhin so bleibt sollte man die Spatzen-Maxime dass ,,Ich es nicht schaffe dich zu vergessen“ gerade in Bezug auf das Virus schnellstens verinnerlichen und die richtigen Maßnahmen treffen in solch harten Lockdown-Zeiten.
Dem gilt es kaum was hinzuzufügen.
Es besteht also Hoffnung, dass wir bald wieder unsere Häuser verlassen dürfen. Ein bissl Weihnacht-Shoppen, ein paar Restaurants besuchen und dort die besten Weine der diesjährigen Ernte verkosten und vielleicht sogar ein wenig Skilaufen. Obwohl, das mit dem Wein überlege ich noch denn der wurde von Erntehelfern aus dem Osten geerntet und die sind jetzt wahrscheinlich Schuld an der Corona-Misere. Deshalb boykottiere ich jetzt den Rebensaft und seine hauptsächlich rumänischen Trauben-Pflücker.
Anders sieht es mit dem Wintersport aus. Wenn man mich nicht Skifahren lässt , dann schmuggle ich mich halt ins Nachbarland Österreich. Die Ösis waren am Wochenende mit einer Experten-Abordnung in Bozen, um nachzuschauen, wie das kleine Südtirol mit der großen Herausforderung umgeht. Wollen alle 9 Millionen Staatsbürger SCHNELL testen lassen, damit ihr Kanzler nicht mehr nur noch KURZ an der Macht bleibt. Ein österreichischer Winter ohne Aktivitäten in der weißen Schneelandschaft führt dort nämlich unweigerlich zum politischen Genickbruch.
Die Österreicher waren begeistert was sie in ihrem kleinen Nachbarland gesehen haben. Wenn man Corona-bedingt gedurft hätte wäre man sich wohl voller Begeisterung in den Armen gelegen. Selten wurde so viel Negatives derart positiv zur Kenntnis genommen. Auch die Südtiroler hatten in der medialen Außendarstellung ihren großen Bruder wieder gerne. Da geriet KURZfristig sogar der Verrat vom Frühjahr in Vergessenheit, als die Austro-Republik die Grenze zu Italien blockierte, um den Urlauber-Rahm zunächst mal selbst abzuschöpfen. Beinahe wäre die Südtirol-Tourismus-Milch dabei schlecht geworden. Aber nur beinahe. Bis zum Schluss ist auch die Sommersaison südlich der Alpen mehr als zufriedenstellend verlaufen. Alles wurde gut!
So wie möglicherweise auch jetzt wieder. Nach den tollen Tests…
Die Hoffnung stirbt bekanntermaßen immer zuletzt.
1 Kommentar
von Robert Gasteiger
Alle Beiträge in den verschiedenen Kategorien gelesen. Mein Kommentar: Köstlich, treffend, interessant, intellektuell, und und und …. Besser kann man Worte nicht in Sätze fassen und Themen nicht beschreiben. Großes Kompliment!
Freu mich schon auf die nächsten Kolumnen.