Gestern hatte ich richtig Mitleid. Wie im übrigen auch an den anderen Tagen dieser Woche. Mit den Reportern und Nachrichtensprechern unseres Lokal-Senders RAI 3. Warum? Darum…
Ganz Südtirol wartet täglich darauf, dass es endlich Infos aus Rom gibt. Was wir zu Weihnachten dürfen und nicht dürfen, ob wir unsere Freunde und Verwandten treffen können oder nicht. Müssen wir die ganzen Weihnachts-Kekse alleine futtern, oder gibt es doch ein paar Kalorien-Junkies die mit der Insulin-Spritze bewaffnet auf unserer Wohnzimmer-Couch Platz nehmen dürfen. Wohin mit dem ganzen Punsch? Gleich als Abflussreiniger nutzen oder doch noch für die Lieblings-Tante aufsparen? Ja, wo bleibt denn die Planungssicherheit in diesem furchtbaren Jahr? Können wir die sicherheitshalber bereits im halbwegs Corona-freien Sommer erworbenen Geschenke jetzt schon einmotten für Dezember 2021, oder kriegen wir doch noch die Chance auf ein bisschen Pakete-Tausch. Für die Seele wären so ein paar Gaben ja nicht schlecht.
Soviel steht fest!
Jeden Tag werden wir vertröstet und keiner weiß Bescheid. Nicht mal die Südtiroler Journalistin, die bei Wind und Wetter vor dem Regierungspalast Chigi steht, das eine Ohr an einer potentiellen Informationsquelle aus dem Palazzo, das andere mit dem Wollhandschuh vor der hereinbrechenden Winternacht schützend.
Kompletter Lockdown von Heiligabend bis zu den heiligen drei Königen? Wird Italien also zur roten Zone mit striktem Verbot die eigene Gemeinde zu verlassen, oder darf man doch innerhalb Südtirols zirkulieren. Gelten die Einschränkungen nur für die drei Weihnachts-Feiertage? Was passiert mit Restaurants, Hotels und Geschäften?
Das Schweigen der römischen Lämmer hält an!
Die Rom-Korrespondentin der RAI steht also gefühlt schon seit Wochen ununterbrochen am Eingang des Regierungsgebäudes mit irrem Blick, roten Bäckchen und zerzaustem Haar. Verzweifelt versucht sie beim Info-Tennis mit ihrer im Übrigen auch stark mitgenommenen Kollegin im Studio zu Bozen, der vor Verzweiflung -oder aus Solidarität- ebenso die Haare zu Berge stehen, einen Treffer zu landen. Leider gibt es -nicht nur bei den Frisuren- fast nur Doppelfehler. Wie soll man in solch übler Position auch punkten können? Beide wissen, dass sie nichts wissen, was ihnen zwar in philosophischer Hinsicht (Hallo Sokrates, alter Grieche, wer hätte gedacht, dass Du und deine Lehre 2400 Jahre nach deinem Ableben zum Herzstück eines Blogs werden? ) durchaus gut zu Gesicht steht, aber auf Dauer ist diese Ahnungslosigkeit doch irgendwie blöd.
Nichts wünscht sich der jeden Tag mehr und mehr genervte Fernseh-Zuseher mehr als endlich ein paar klare Worte von Seiten der unsicheren italienischen Politikern.
Bis heute leider umsonst.
Denn: Im Regierungsgebäude streiten sich die Regionen-Minister schon seit Tagen und wahrscheinlich verhindert nur die akute Corona-Ansteckungsgefahr eine üble Schlägerei wie wir sie bereits von einigen Debatten aus früheren parlamentarischen Treffen kennen. Also zumindest kein Boxen und Spucken…Ist ja schon mal nicht schlecht. Hat auch durchaus was Weihnachtliches.
Finde ich…
Aber zurück zu unseren beiden bemitleidenswerten Fernseh-Tanten. Aus Rom kommt weiter nix. Außer Verzweiflung. Und die Verzögerungstaktik greift auch nicht so recht. Die Blondine aus der Hauptstadt glaubt fest an eine klare Ansage am Wochenende, die brünette Dauerwelle in Südtirol traut sich fast nicht dieses Nichtwissen an die heimische Bevölkerung weiterzuleiten.
Das Mitleids-Barometer steigt weiter an.
Zum Glück kam gestern während der Sendung gerade eine Meldung rein, die in diesen traurigen Zeiten für etwas Unterhaltung sorgte. Ein Drogendealer aus einem kleinen Dorf befand sich auf der Flucht vor den Carabinieri. Auf einem Traktor…
Da mussten sogar die beiden Reporterinnen schmunzeln.
Es sei ihnen vergönnt!