Als ich neulich vor dem Fernseher saß und angesichts der für den darauffolgenden Tag bevorstehenden Kommunal-Wahlen den Worten eines lokalen Politikers lauschte, wurde mir so richtig warm ums Herz. Tränen der Rührung tropften in meine Gemüsesuppe, welche ich mir extra für diesen Anlass zubereitet hatte (Der Kühlschrank gab an diesem Abend leider nicht mehr her…) und sorgten für einen ausgewogenen Salzgehalt in derselben.
Oder waren es doch Mitleids-Tränen, die über meine vor Scham erröteten Wangen kullerten?
Ich war mir nämlich zunächst nicht ganz sicher, ob der gute Mann unter einem Sprachfehler litt, der ihn dazu veranlasste in seinen gestammelten Sätzen immer wieder auf Verben zu verzichten, dafür aber umso mehr auf den Gebrauch von Adverbien zurückzugreifen, oder ob politische Berechnung hinter seiner Vorgangsweise steckte. (Viel reden, wenig sagen…).
Beispiel gefällig? ” Also würde ich – wenn Sie denn damit einverstanden sind – trotzdem behaupten., dass…, obwohl natürlich könnte man das auch ganz anders… Somit ist das genauso, wie ich schon immer …Und da gilt es den Hebel anzusetzen. Denn da liegt doch das Hauptproblem. Wo kämen wir denn sonst hin? Eins steht doch fest, und darüber gibt es überhaupt nichts zu diskutieren.“
Genau!
Warum auch nicht?
Der Mann war total begeistert von sich selbst und seinen politischen (Nicht)-Inhalten und brannte dementsprechend ein zwar stockendes, aber für den Zuhörer durchaus spannendes Unterhaltungs- Feuerwerk ab, welches ihm mehr oder weniger zur Ehre gereichte.
Eine Floskel jagte zunächst die andere: ” Genau genommen steht unsere Zukunft in den Sternen, worüber wir uns, so gesehen, auch nicht wundern dürfen bei der aktuellen Misswirtschaft der regierenden Parteien“, bevor ein haltloses Versprechen sich mit dem nächsten abwechselte: Wir müssen und werden die Weichen stellen, damit sich in Zukunft alles, aber auch alles ändert. Da geht es schließlich ja auch um die Glaubwürdigkeit unserer Partei“.
Jawohl!
Mit seiner optimistischen Einstellung gewährte mir der Politmann Zutritt in die lichten Gefilde örtlicher Lebenslust. Und das war dann schon auch schön. Und ich begann ihn vorläufig sogar ein bisschen zu mögen.
Die Aussicht mit diesem durchdachten und äußerst positiven Partei- Programm auf dem Polit-Ross in den sorgenfreien Abendhimmel zu reiten, ließ mein vorgewärmtes Herz (sehe den Anfang dieses Blogs…) dann eben doch jubilieren. Vielleicht war der Redner nicht so schlecht wie ursprünglich angenommen. Irgendeinen Grund musste es ja schließlich geben, warum sein Verband ihn in die Fernsehsendung geschickt hatten.
Waren alle anderen krank, sonst irgendwie unabkömmlich, oder war er einfach der Einäugige unter den ganzen Blinden? War er eigentlich ein cooler Typ und stand während der Sendung nur unter Einfluss der vielen alkoholischen Getränke, die im Vorfeld einer stressigen Wahl-Tour ständig an allen Ecken und Enden gereicht werden?
Am Ende des Tages stellten sich mir all diese Fragen, welche ich-mittlerweile selbst etwas durcheinander -nicht beantworten konnte. Deshalb widmete ich dann die restliche Zeit des Abends meiner Gemüsesuppe und der Lektüre unterschiedlicher Programme verschiedener Parteien und deren Kandidaten. Schließlich wollte ich für die Wahl ja einigermaßen vorbereitet sein.
Nach einer genaueren arithmetischen Analyse wählte ich dann doch den Anwärter, der am wenigsten Adverbien benutzte.
Der Rhetorik-Star des unterhaltsamen Fernsehabends blieb somit auf der Strecke.
Das werden Sie sicher verstehen…
Warum auch nicht?